Fachkräftemangel im Labor – Recrutierung von Fachkräften aus dem Ausland

Ein Weg, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, ist die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland. Der Prozess ist auf den ersten Blick einfach, doch Arbeitgeber werden schnell auf Fallstricke treffen, die das ohnehin schon zeitaufwendige Verfahren noch weiter in die Länge ziehen können.

Nicht leicht und vor allem nicht schnell

Fachkräfteeinwanderung ist in Deutschland nicht neu, aber die Geschichte wurde bestimmt noch nicht so oft von einer „bald“ Deutschen erzählt, die einen italienischen Nachnamen trägt, ihren Ursprung in Georgien hat und demnächst eine langersehnte Einbürgerungsurkunde in Empfang nehmen darf. Darauf bin ich sehr stolz und glücklich. Ich hoffe, ein gutes Beispiel für eine gelungene Integration zu sein. Viele medizinische Laboratorien, Kliniken und Praxen in Deutschland suchen händeringend Fachkräfte für das medizinische Labor, welche 2023 die neue gesetzliche Berufsbezeichnung „Medizinische Technolog:innen für Laboratoriumsanalytik“ (MTL) erhalten haben. Ein bewährter Weg, einem derartigen Fachkräftemangel entgegenzuwirken, ist die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland.

Rekrutierungsprozess

Viele Arbeitgeber setzen darauf, die eigenen Personalabteilungen mit den Aufgaben der Rekrutierung zu beauftragen oder Rekrutierungsabteilungen einzurichten. Am leichtesten gelingt Personalgewinnung im Ausland mithilfe einer Agentur, die über das nötige Know-how verfügt und die Fachkräfte sowohl in den Herkunftsländern vor ihrer Einreise als auch in Deutschland nach ihrer Ankunft unterstützt und begleitet. Die Auswahl einer Personalvermittlungsagentur ist aufgrund des großen Angebots auf diesem Markt sicherlich nicht leicht. Doch können sich Arbeitgeber ein Merkmal einer unseriösen Agentur sehr gut merken: Ein Versprechen, Fachkräfte „leicht und schnell“ an ihre neue Arbeitsstelle zu bringen, sollte hellhörig werden lassen.

Der Weg zur Fachkräftegewinnung ist weder leicht noch schnell. Hier sind langjährige Erfahrung und ein Hand-in-Hand-Arbeiten zwischen Arbeitgebern und Partnern erforderlich. Im nächsten Schritt sucht die Agentur Fachkräfte im Ausland, die den Vorstellungen des Arbeitgebers entsprechen. Sollte eine Übereinstimmung zwischen dem Bedarf des Arbeitgebers und den Vorstellungen des Arbeitnehmers bestehen, kann mit dem Anerkennungsprozess begonnen werden. Zunächst muss geprüft werden, ob die Ausbildung der MTL im Herkunftsland mit der deutschen Ausbildung vergleichbar oder gleichwertig ist. Hierfür wird in Deutschland ein Antrag auf Anerkennung gestellt. In jedem Bundesland sind dafür die jeweiligen Anerkennungsbehörden zuständig, etwa das Regierungspräsidium Stuttgart in Baden-Württemberg oder das Landesamt für Gesundheit und Soziales in Berlin. Nach Eingang der vollständigen Anerkennungsunterlagen prüft die Anerkennungsbehörde die Gleichwertigkeit der Ausbildung der MTL und erstellt einen Anerkennungsbescheid. Daraufhin können die Unterlagen für das Beantragen des Visums bei der deutschen Botschaft bereitgestellt werden. Nach Erteilung des Visums können neue Mitarbeitende nach Deutschland einreisen, um die Beschäftigung aufzunehmen.

Abb. 1 zeigt den reibungslosen Ablauf der Rekrutierung, der leider nicht allzu viel mit der Realität gemeinsam hat.

Herausforderungen

Obwohl der Fachkräftemangel heutzutage allgegenwärtig ist, begegnen wir ständig neuen Herausforderungen. Als Mitarbeiterin eines internationalen Personalunternehmens, das deutsche Krankenhäuser, Praxen, Labore und Kliniken bei der Suche nach ausländischen Fachkräften unterstützt – von der Sprachausbildung über die Dokumentenbereitstellung für die Anerkennungsbehörden bis hin zur Einreise, den Anpassungsmaßnahmen und der Erlangung der Anerkennungsurkunde – kann zahlreiche Beispiele anführen, bei denen der Prozess nicht optimal verlief oder hätte besser, schneller und effizienter umgesetzt werden können.

Beschleunigtes Fachkräfteverfahren

Seit dem 01.03.2020 ist das beschleunigte Fachkräfteverfahren nach § 81a des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) in Kraft. Mit diesem wurde der gesetzliche Rahmen geschaffen, um die Bearbeitungszeiten für Anerkennungsanträge, Vorabzustimmungen der Bundesagentur für Arbeit und die Bearbeitung durch die Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland zu verkürzen. In manchen Ausländerbehörden wurden extra Stellen für Mitarbeitende eingerichtet, die nur für das beschleunigte Fachkräfteverfahren zuständig sind. Dementsprechend läuft die Bearbeitung dort auch schneller ab. Eigentlich sieht die Gesetzgebung vor, dass die Fachkräfte innerhalb von sechs Monaten einreisen sollen. Der Zeitbedarf wird dabei wie folgt angenommen: zwei Monate für die Prüfung des Antrags und die Ausstellung eines Feststellungsbescheids durch die Anerkennungsbehörde, dazu nach §36 der Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern (BeschV) eine Woche Bearbeitungszeit für die Erteilung der Zustimmung von der Bundesagentur für Arbeit an die zuständigen Stelle.

Die Auslandsvertretung muss der Fachkraft innerhalb von drei Wochen nach dem Eingang ihrer Anfrage einen Termin anbieten. Die Bescheidung des Visumantrags erfolgt nach §31a der Aufenthaltsverordnung (AufenthV) in der Regel innerhalb von drei
weiteren Wochen. Leider sieht die Realität anders aus: In manchen Ausländerbehörden wartet man sechs Monate, bis der Vorgang überhaupt
registriert wird. Im Antwortschreiben auf einen Antrag steht dann beispielsweise: „… leider können wir die vorgegebenen
Bearbeitungszeiten für ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren nach §81a AufenthG nicht einhalten. Daher bitten wir Sie, sich
mit dieser Anfrage an die Zentralstelle Fachkräfteeinwanderung zu wenden.“

MTA-Reform-Gesetz

Die Dauer der Rekrutierung von Fachkräften ist aber nicht nur von der Bearbeitungszeit der Ausländerbehörden abhängig, sondern auch von den Behörden, die für die Ausstellung der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen zuständig sind. MTL ist ein reglementierter Beruf, der durch das Gesetz zur Reform der technischen Assistenzberufe in der Medizin und zur Änderung weiterer Gesetze (MTA-Reform-Gesetz) vom 01.01.2023 geregelt wird. Das neue Gesetz führt leider zu einer Verlängerung des Prozesses der Anerkennung für die ausländischen Fachkräfte. Die Tatsache, dass die betreffenden Behörden auf Landesebene angesiedelt sind, stellt für die verzweifelten Arbeitgeber auf der Suche nach Fachkräften eine weitere Hürde dar.

Viele Fachkräfte stellen selbstständig Anträge auf Anerkennung des Berufs: Besitzt eine Fachkraft zum Beispiel einen Defizitbescheid aus Hessen, findet aber einen Arbeitgeber in Sachsen, so muss der Vorgang aus Hessen nach Sachsen überführt werden. Die Erfahrung zeigt, dass die Weitergabe der Akte von einer Anerkennungsbehörde zur anderen manchmal bis zu vier Monate in Anspruch nehmen kann. Das Problem ist hier die Unterbesetzung der Behörden, die mit Anträgen überschüttet werden. Ihre Standardmails weisen höflich darauf hin, dass die Bearbeitung von Anträgen mindestens acht Monate in Anspruch nehmen wird. Die Politik hat hier wohl verpasst, den Fachkräftemangel an der Wurzel zu packen: Wenn man nicht genügend Personal zur Verfügung stellt, um die Anträge zu bearbeiten und die Bescheide auszustellen,
die die Voraussetzung für das Ausstellen der Botschaftsunterlagen sind – wie sollen dann Fachkräfte einreisen, um unser
überlastetes medizinisches Personal zu entlasten?

 

Fazit

Fakt ist: Wir brauchen Fachkräfte, um eine angemessene labormedizinische Versorgung gewährleisten zu können! Ein Weg
ist die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland. Aber damit ist es nicht getan: Unter anderem ist es wichtig, uns als
Gesellschaft für neues Personal aus dem Ausland zu öffnen und in die interkulturelle Weiterbildung der Mitarbeitenden zu investieren, um deren Toleranz gegenüber Neuankömmlingen zu erhöhen. Nur so kann eine erfolgreiche Integration gelingen.

Personalmangel? Wir haben die Lösung! 

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